Den Berg verkörpern

Ich war schon ein paar Mal auf dem Pilatus. Das erste Mal bin ich mit Kollegen dort gewesen. Bin einfach hinterher gelaufen, ohne selbst auf die Karte zu schauen. Am schönsten fand ich das Widderfeld. Ziemlich weit oben. Eine stoppelig gelb-braune Kuppe, auf der wir in abendlicher Sonne lagen und die spärlichen Reste des Proviants verzehrten. Im Januar 2012 brachte Angela Hausheer den Pilatus ins Kunstmuseum Luzern, wo ich arbeite. Von hier aus ist der Berg Aussicht. Orientierungspunkt. Links hinten. Angela Hausheer hat sich der Blick auf den Berg in ihrer Kindheit eingeprägt. Mit gummiummantelten Metallstangen bildete sie die Silhouette auf der grossen Wand im grossen Saal des Museums nach. Eine Aussicht verbunden mit Erfahrungen und Erinnerungen – bei ihr und bei uns, die wir an der Performance teilnahmen. Von der Wand, einer Projektionsfläche, wanderte das Stangengerüst in den Raum – gehoben, getragen, beschrien, zerlegt und bewegt von der Künstlerin. Sie forderte uns auf, den Berg mit ihr zu verkörpern. Am Stangenweg markierten und hielten wir Orte, Flurnamen, Orientierungspunkte. Wir bildeten Volumen und brachten den Pilatus hervor – vor Ort, im Museum, in unseren Projektionen, Erfahrungen und Erinnerungen. Ich war das Widderfeld.

Susanne Kudorfer, Leiterin Kunstvermittlung Kunstmuseum Luzern

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