Parababette

Die Künstlerin als Meisterköchin des Transmedialen

PARABABETTE ist eine Hommage an Tanja Blixens „Babettes Fest“ und ans Geschichten erzählen. Der französischen Meisterköchin Babette analog bereitet das Team um die Künstlerin Angela Hausheer die Geschichte für den theatral-performativen Raum auf. Die theatrale Performance arbeitet allerdings mit der dem Theater oft noch immer künstlerisch „fremden Medien“, die, indem sie eigene Räume beanspruchen, die Dominanz des Bühnenraumes hinterfragen.

Die dramatisierte Geschichte umfasst zwei Hauptstränge: Eine Kochperformance und die schrittweise erinnerte Geschichte der pietistischen Probst-Töchter Martine und Philippa und ihrer Haushälterin Babette, von deren früherer Identität als Starköchin im mondänen Paris die beiden Schwestern nichts ahnen. PARABABETTE übersetzt Babettes Kochkunst gleichsam ins Künstlerische, indem das literarische Ausgangsmaterial in ein experimentelles Labor des Transmedialen transponiert wird, deren Ingredienzen Sprache, Theater, Performance, Film, Musik und Gesang bilden. Dabei werden die verschiedenen Medien auf vielfältige Weise an ihren medialen Grenzen „verflüssigt“ und in kunstvoller Art miteinander vermischt.

Die Geschichte von Babette ist medial vorerst im akustischen Raum angesiedelt. In der Dunkelheit, bald im Kerzenschein des performativen Raumes, ist die erzählende Stimme zu hören, begleitet von Meeresgeräuschen und Mövengeschrei, hellem Glockenläuten und dem Gesang der pietistischen Kirchgemeinde als inszenatorischen Moment. Die Aufmerksamkeit der Besucher wird sodann auf das filmisch aufgeblendete Bild eines leeren Küchenraumes gezogen. Ausklingendes Glockengebimmel kündigt die Ankunft der beiden Performerinnen an. Akustisch vermischen sich die Geräusche der performativen Kochhandlung mit dem Gesang der pietistischen Kirchgemeinde. Dem Publikum ist der direkte Blick aus dem Zuschauerraum auf das Geschehen im Küchenraum durch ein Rouleau versperrt, es verfolgt die Kochvorbereitungen als Kamera-Live-Aufzeichnung auf der Leinwand.

In der folgenden Szene wird der performative mit dem narrativen Strang filmisch visuell verknüpft und gleichzeitig der Zusammenhang zwischen dem filmischen und performativen Raum offengelegt. Die Performerinnen als Köchinnen treten aus dem Küchenraum frontal vor die Leinwand, um sich in der inszenierten Rolle als Fräulein-Schönheiten in jungen Jahren zu betrachten, in Doppelbelichtung mit dem Küchenraum. Zu hören sind aufgezeichnete Klangversatzstücke aus Erik Saties „Gnossienne 1“ und die Erzählstimme. Beim Abgang zieht die eine Performerin das Rouleau hoch, und eröffnet so dem Publikum einen direkten Blick auf den performativen Ort des Weiterkochens. Näherkommendes Hirschgeröhre leitet zum narrativen Strang zurück. Die einstigen Verehrer der beiden Schwestern, als narratives Motiv bereits eingeführt, werden zum Thema erweitert. Aus dem filmischen Tiefenraum schweben sie, mit Kerzen in der Hand, loopähnlich in den vorderen Bildraum und wieder zurück. In einer filmischen Doppelbelichtung, gleichzeitig im performativen Raum, kann das Publikum verfolgen, wie die Köchinnen ihr Tun nacheinander unterbrechen, um zu leidenschaftlichen Erzählerinnen der persönlichen Geschichte mit ihrem jeweiligen Verehrer zu werden, der eine General, der andere Opernsänger. Während sich die gesangsbegabte Martine an ihren Verehrer erinnert, spielt Saties Klaviermusik live, was die Gegenwärtigkeit der Erinnerung unterstreicht. Das erinnerte, von ihr mit dem Opersänger geprobte Verführungsduett aus Mozarts „Don Giovanni“ wird durch die Live-Musik auf einer Metaebene gleichzeitig zu einem Verführungsduett zwischen den Medien Musik und Sprache.

Beide Hauptstränge von PARABABETTE, die Kochperformance und der erinnerte Erzählstrang der Babette-Geschichte, bewegen sich aus der technischen „Verfremdung“ als künstlerischer Strategie medialer Erkundung auf ihr genuines Medium zu. Während die Kochperformance anfänglich im filmischen Raum angesiedelt ist, um sich allmählich in den performativen Raum vorzuarbeiten und diesen immer eindeutiger besetzt, nimmt die erinnernde Erzählung ihren Anfang im akustischen Raum, entwickelt sich über das Filmische ins rezitative Sprechen der Performerinnen als Erzählerinnen, um sich erneut anderen medialen Ausdrucksformen zu öffnen.

Cecilia Hausheer, Medienwissenschaftlerin

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