Ein frisches Notizbuch. Wir wandern wieder gemeinsam los vom BSINTI mit Zustossenden am Schwettiberglädeli. Es kommen neue Leute und Bekannte. Es geht hoch in die dem Schleimenwald entgegengesetzte Richtung. Wie sähe „Für die Bäume“ auf einer Geländekarte aus? Der Weg führt uns aus dem Siedlungsraum heraus. Es weiten sich der Blick und die Landschaft. Kleine Grüppchen plaudernd in der eigenen Geschwindigkeit. Zwischenhalt an einer Abzweigung. Noch weiter heraus aus der landwirtschaftlichen und ferienwohnenden Bebauung. Die ersten bleiben stehen. Beat hält das zu öffnende Ende eines Viehzauns in der Hand.
ins Gelände
durch den Zaun
Gebimmel
ein kühlendes Lüftchen
nicht vertrampen
mal absitzen
Beeren essen
Angela ist in einer Tanne verschwunden
frei bewegen
im Gelände verteilen
einen Platz finden
Panorama
Baumstumpf
Tannengruppe
Leo ist verschwunden
Ausschweifen
jetzt tönt es aus den Tannen
eine rhythmische Melodie mit hohen sprudelnden Lautfolgen
Vogelbeer
Sprechgesang zum Tubarhythmus
ich komme zu eurem Baumsitz ins Innere
ein langer Text
fachlich zum Vogelbääribaum, der Eberesche
Sie wurde im Herbst angerufen
Angela kommt mit ihrer langen Sprechtafel
Leo swingt in der Baumhöhle
die Kühe läuten von einer Seite
jetzt wird’s medizinisch
Bombe mit Vitamin C
Leo lässt sich blicken
Beeren verschluckt und geschissen
So geht Vermehrung bei dieser Art
Jetzt sehe ich erst das kleine Bäumchen
Platzwechsel
Beat trägt «wie grün»
«o Baum» kommt auf mich zu
Leo jetzt zarter, höher, singender, fast alphornmässig
die Worte verteilen sich und richten sich auf
und aus
zu den Bäumen
richte dich an eine Tanne
«Dein Kleid»
«wie grün»
«Du grünst»
«o Baum Baum»
das lange Spruchband vom Winter in Stücken verteilt an uns Teilnehmende
Angela schultert den Lautsprecher und zieht davon
Alphornmelodie auf Leos Tuba zum Kuhgeläut
jetzt tönts seltsam von Angelas Fels
das Mikro kreist und erzeugt so was wie Vogelschreie
oder sind es Stimmen?
es kreischt
Leos Tonart ändert sich Richtung Geblubber
Didgeridoo
Schwingen
ein Schmetterling kreist mit dem Mikro um Angela
ich erinnere mich an den Herbst als Angela mit den Textfahnen auf dem Baumstumpf stand
es singt aus der Tuba zum Brummen
es ruft und quietscht von Angelas Seite
ein Dialog von Klang und Schwingen
Leo verstummt
Angelas Schwingen klingt aus
«Dein Kleid»
weht im Lüftchen
«O Baum»
wurde zum Rock
ein anderes Textband wird schaukelnd gewogen
«wie grün»
läuft vorbei und kommt auf mich zu
bevor es sich neu ausrichtet auf eine Tanne
Angela beginnt die Worte einzusammeln
Was die Kühe von all dem mitbekommen haben?
Und die Tannen?
Eine Umarmung zum Schluss.
Danke!
Wir stehen noch ein wenig rum, Pflanzen werden untersucht, gepflückt, bestimmt. Jemand zeigt auf die Vogelbeerbäume, die aus den Tannen rauswachsen – oder umgekehrt.
Entspannter Rückweg mit Halt am Laden. Ablegen des Performancematerials am Heuerberg. Auf dem schöneren Weg zurück ins BSINTI. Wir sitzen im Freien zusammen an einem dreiteiligen Tisch. Ich beginne das Gespräch wieder mit dem Vorlesen meiner Notizen und frage nach den Eindrücken der Anwesenden. Von diesen Stimmen notiere ich:
als ich mit meinem «O» dastand
wandelnde Installation
frei bewegen? ich stocke. bin müde. will mich hinlegen. geh doch mal unter die Tanne wenn du Angela nicht verstehst.
die klänge hatten etwas sehr Ursprüngliches. mehrstimmig auf eine andere Ebene geraten. wie wenn die Natur etwas geantwortet hätte. andere Dimension. sehr eindrücklich. Antwort im Doppelton. Zusammen mit zwei Seiten. Reaktion der Natur. Leos Klänge von der menschlichen Geschichte.
mir hat so Eindruck gemacht, dass der Vogel den Baum gemacht hat
besonders und unscheinbar. nicht so grossartig und würdevoll. mit der ganzen Geschichte dazu. immer in anderen Bäumen.
Pionierbäume. lassen die Tannen durchwachsen und sind mit ihnen.
dieses Geschiss bekam so eine feierliche Würde durch deine Tuba.
mich hat wieder berührt die Auswahl des Platzes. wie ein geschützter Raum in diesen Baumgruppen.
irgendwo hingehen. sich setzen. aufhalten. Klänge dazu. Umgebung wahrnehmen. Sachen sehen, die man sonst gar nicht wahrnimmt. Wichtigkeit auch in der Medizin. nicht so prominent dastehen.
den Ort finden. in den Tannen ein grosser dicker Vogelbeerbaum.
meine Einstellung zur Vogelbeere hat sich geändert. irrsinniger Respekt nicht nur für die Vögel.
wann fängt eine Performance an? wann endet sie? für wen? für mich ist der ganze Nachmittag die Performance. vielleicht bin ich noch mittendrin.
wo beginnt’s? nicht ohne Spaziergang
anders in den Raum kommen
so anders, weil in der Natur nicht vorhersehbar
gemeinsame Bewegung
Gefühle einer Manifestation
Transparente zu den Bäumen hin
letztes Mal mit den Panneaus
nicht alles sehen war speziell
Dilemma zwischen lose und luege
leichte Überforderung
Augen auf und zu
hin und her hielt mich in Bewegung
ich hab’ dich gesehen auf deinem schönen grünen Tuch, bedeckt von der Fahne
am Anfang nicht sehen war gut für’s ankommen
hab’ mich für’s hören entschieden
hat mir Mut gemacht nicht zu schauen
hab’s riesig genossen das Akustische
konnte mein Talent als Hörender ausleben
schauen löst sich auf wenn ich einbezogen bin
ich muss es noch den anderen Tannen zeigen
was passiert wenn wir vom Besucher zum Teil werden
Ansprache und Teil dieser Umgebung werden. mehr als Bäume. Bild. Agieren und Sein, das sich einfügt in einen Ort
hätte noch länger dauern können
Kommunikation von Klang und Aktion in Bezug mit dem Ort
der Ort ist so anders wenn da 20 Leute sind. die machen dann da ganz was anderes. Überraschung für uns vielleicht grösser als für euch. die Kühe. so nah waren sie noch nie.
Zusammenspiel mit der Herde. der Klangkörper hat sich verschoben
wie mit den Tüchern dieser Raum entstanden ist
Susanne Kudorfer, Kunst- & Kulturvermittlerin – Juli 2018