3 Texte

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Jetzt läuft ein aggressiv dreinschauendes, weibliches Familienoberhaupt über die Fliessen und zieht mit lautem Scheppern Metallstangen über den Boden. Sie spricht von ihren Füssen und dem Untergrund, sagt, da unten sei ganz viel Wasser, ihre Füsse, der Untergrund, das Wasser, ein Werk, irgendwie da unten. Und hinter ihr, auf dem Berg, an dessen Fuss wir stehen, sei auch viel Wasser. Und so weiter. Ihre Stimme hallt unangenehm laut, aber imposant durch den Raum. Jetzt trötet sie in eine dieser Röhren hinein. Es klingt nach einer Mischung aus Wal Gesang und Furzen. Klingt, als würde sie im Rohr sich ihrer Spucke entledigen. Ihr Kopf wird langsam rot. Jetzt spricht sie wieder von Druck und Turbinen und Wasser. Ich habe das Gefühl, dass ändert sich heute nicht mehr. Viele Zuschauer haben die Augen geschlossen oder schauen interessiert zu. Ich frage mich halt so: Was denken die sich? Was gibt ihnen all das Wasser und Untergrund und Röhren. Die Performerin stellt sich jetzt ans lange Ende der Halle und singt, stösst hohe, klare Töne aus, die sich an die Decke des Raumes drücken lassen und dessen volle Länge mit grellen Lauten erfüllen. Ein kräftiges Organ hat sie, das muss man ihr lassen. Sie öffnet die grossen Flügeltüren und schreit den Bergen entgegen. Jetzt klettert sie aus dem Fenster und bricht sich hoffentlich nicht den Hals. Sie schreit, die Kurve müsse gerade sein und das Elektron solle ins Tal und die Innerschweiz erreichen. Das Elektron schiesst durch die Rohre und die Leute klatschen sehr lange.

Marshall Maihofer, Autor & Student am Literaturinstitut Biel/Bienne – September 2016

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